Textstruktur für Werbetexte

24. Mai 2018

von Albert Heiser zur Checkliste Textstruktur

Wie wichtig ist die Textstruktur bei Werbetexten?

Gute Textstruktur verbessert jeden Werbetext. Kein Leser kämpft sich gerne durch Bleiwüsten – nicht in Print und schon gar nicht online.

Guter Werbetext braucht Struktur und Abwechslung

Wir nehmen Text selektiv wahr. Wie viel Text wir lesen, hängt von unserer selektiven Wahrnehmung ab. Hast Du schon einmal eine Anzeige, ein Banner, einen Flyer, ein Plakat, eine Internetseite, eine Produkt- oder Image-Broschüre von vorne bis hinten gelesen?

Manchmal liest man eine Headline, eine Bildunterschrift, eine Subheadline, einen Teaser, eine Katalogseite, ein Angebot unten rechts. Man liest im Brief die erste Zeile, in der Mail die Betreffzeile, im Blog und Post die Schlagzeile, und betrachtet das Bild. Lies, was Du willst. Tatsache ist, irgendwann liest Du einen Werbetext.

Vor Deinem ersten Wort

Bevor Du beginnst zu schreiben, gliederst Du die Inhalte Deines Werbetexts nach Aussage und Reihenfolge. Überzeuge Dich von der Hierarchie der Versprechen, Argumente und Informationen. Zum Beispiel von Wichtig zu weniger Wichtig, vom Allgemeinen zum Speziellen oder in einer dramaturgischen Ordnung, vom Konflikt zur Lösung.

Die Headline im Werbetext: Herz schlägt Verstand

In der Headline steht das wichtigste emotionale Versprechen an die Zielgruppe. Emotional deshalb, weil Zielgruppen, ganz gleich ob B-to-B oder B-to-C, zuallererst emotionale Entscheidungen treffen, deshalb sollte hier die Ansprache immer emotional sein.

Und dann kommt die Lösung

Die Subheadline steht optisch unter der Headline. In den besten Fällen funktioniert sie wie die Auflösung zur Headline: „Vorteil Graf. Andre Agassi geht vom Platz.“ Weiter in der Subheadline: „Warum der Tennisstar für seine Familie die Karriere aufgibt.“ Die Subheadline löst auf. Headline für ein Auto: „NEID-RIDER.“ Subheadline: „Mehr Stil, mehr Extras mehr Wow.“

Das auslösende Ereignis in der Headline zieht die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich. Die Subheadline vertieft und erklärt. Headline: „Wie schafft ein britischer Zauberlehrling neue Jobs in Ostwestfalen.“ Subheadline: Entdecke die Zusammenhänge der Wirtschaft. “ Link zur Internetadresse. Ein Automobilhersteller schreibt in der Headline: „Adrnlin“ und in der Subheadline: „Verdichtete Intensität.“

Basisstruktur für Werbetexte

Der erste Satz bezieht sich immer auf die Headline. Er führt deren Gedanken fort und leitet den ersten Absatz ein. Der erste Absatz setzt das erste Thema und macht neugierig. Jeder neue Gedanke und Inhalt erhält einen neuen Absatz.

Der erste Absatz ist immer kürzer als der nachfolgende. Das signalisiert dem Leser einen leichten Einstieg. Jeder neue Gedanke wird durch eine neue Zwischenüberschrift eingeleitet.

Viele Zwischenüberschriften machen jeden Text besser. Sie strukturieren die Textteile. Sie sortieren die Gedanken des Lesers und Deine. Jede Zwischenüberschrift ist ein neuer Einstieg in Konflikt oder Lösung.

Online erhalten die Headlines die Kennzeichnung H1, H2 oder H3. In jeder Zwischenüberschrift kannst Du Keywords platzieren.

Formuliere den letzten Satz eines Absatzes immer so, dass er neugierig auf den nächsten Absatz macht – wie ein Cliffhanger.

Teasertexte. Mach mich neugierig

Der Teaser ist im Online-Bereich die mittlerweile am häufigsten verwendete Textsorte. Er macht neugierig und ist der Text, der den nächsten Klick auslösen muss. Der erste Satz setzt das Thema. Der zweite Gedanke steigert den Konflikt. Der dritte Gedanke wird zum Cliffhanger. Der Teaser ist keine abgeschlossene Kurzmeldung sondern bleibt offen. Offen bedeutet, er erklärt das Thema nicht vollständig aus, sondern lässt entscheidende Teile offen, die sich erst nach dem nächsten Klick auflösen. Strategien für den Cliffhanger sind: Eine Frage, ein Ausblick, ein Versprechen, eine Lösung, ein Vergleich, der noch nicht aufgelöst wird oder die Geschichte reißt dort, wo die Spannung steigt, einfach ab.

Der bessere Werbetext. Erzählen statt Beschreiben

Welche Werbegeschichte erzählst Du? Das Erzählen (Narration), im Gegensatz zum Beschreiben (Deskription), folgt der Erkenntnis, dass Emotionen stärker wirken als rationale Fakten-, Produkt- und Leistungsbeschreibungen.

Technisch getriebene Unternehmen argumentieren und schreiben aus Entwicklersicht. Faktische Details und rationale Gründe stehen im Vordergrund. Das ist richtig, aber falsch. Fakten und Features dienen der Bestätigung der ersten emotionalen Tendenz und kommen an die zweite oder dritte Stelle der Argumentation oder werden in der Headline stark dramatisiert.

Austauschbare Produkte und Dienstleistungen argumentieren mit den Phrasen, Floskeln und technischen Worthülsen der Branche. Ihnen fehlt das Differenzierungsmerkmal.

Viele Werbetexte sind deshalb langweilig, weil sie aus Unternehmenssicht beschreiben. Sie stellen Produkte und Dienstleistungen aus der Innensicht dar. Sie stecken in Features, Jargon, Floskeln, Worthülsen und abgedroschenen Marketing-Phrasen fest. Bullshit Bingo, eben. Wenn es nur bei rationalen Vorteilsbesprechungen bleibt, ist der Werbetext austauschbar und verloren – wertlos.

Werbetext ist direkte Ansprache. Schau mir in die Augen!

Denke an Deine Zielperson. Wo sitzt sie, wenn sie Deinen Werbetext liest? Was denkt sie? Wann entscheidet sie? Was gefällt ihr, was mag sie gar nicht? Richte Deinen Text an diese Persona. Beschreibe ihre Pain Points, Konflikte, Zweifel und ihre Gains, Freude und Erlösung.

Storytelling statt Bullshitting

Eine Geschichte erzählt von den Konflikten, Zielen und Motiven der Zielgruppe. Der Trick ist: Statt in der Unternehmensperspektive zu erstarren, den Unternehmenstext aus Zielgruppen-Perspektive schreiben.

Beginnen wir mit dem Konflikt. Welche Schmerzpunkte (Pain Points) besitzt Deine Zielgruppe? Schmerzpunkt meint das Problem, das die Zielgruppe lösen möchte. Kennst Du ihren Schmerz, kennst Du die Motive ihres Handelns? Kennst Du die Antworten auf diese Fragen, erhältst Du Text mit relevantem Inhalt. Bitte, mach jetzt eine Pause, denke darüber nach und dann schreib los.

Text-Dramaturgie ist das beste Rezept gegen langweilige Werbetexte

Die Story bringt Konflikte und Motive der Zielgruppe zum Schwingen. Eine gute Geschichte entwickelt Spannung. Der dramaturgische Aufbau beginnt mit dem größten Konflikt. Das auslösende Ereignis. Du beginnst mit dem auslösenden Ereignis, das aus dem Konflikt/Pain Point der Persona hervorgeht. Hornbach schreibt: „Wer heute Rabatt gibt, war früher zu teuer.“ „Waren die Lücken, das Beste in Deinem Lebenslauf? textet Lufthansa. „Denken Sie mal darüber vor“, schreibt die Financial Times. „Geiz ist nicht geil“ schreiben die SOS Kinderdörfer, „4 Milliarden Verlust 5 Millionen Bonus“ textet der Stern. Mit dem Konflikt zu eröffnen ist ein Rezept für gute Headlines.

Beginne die Geschichte mit dem Pain Point. Und komme vom Konflikt zur Lösung. Das wirkt emotional und ermöglicht nach dem Lesen der Geschichte eine Erkenntnis und Einsicht (Moral, Coda, Epilog).

Guter Werbetext macht neugierig

Steigere langsam die Spannung im Fließtext, indem Du weitere Konflikte einbaust, die der Lösung noch entgegenstehen. Ohne Konflikt entsteht keine Spannung. Erst am Höhepunkt bietest Du die Lösung an.

Frage Dich: Wo liegt der Höhepunkt meines Textes? Gibt es eine überraschende Wendung am Ende, die zur Lösung führt? Was ist die Moral von der Geschichte? Cliffhanger? #Hashtag? Transmediale Verlinkung?

Bullet List. Punkt für Punkt abhaken

Ein Satz verträgt nur ein bis zwei Zahlen und Fakten. Manchmal sind Aufzählungszeichen, Bullet List für Features und rationale Argumente sinnvoll. Denn sie entschlacken den Fließtext und räumen ihn von Zahlen, Daten, Fakten frei.

Die Aufzählung ermöglicht einen schnellen Überblick und kommt dem Abhaken wichtiger Punkte und Fragen gleich. Die Reihenfolge geht von Wichtig zu Unwichtig.

Die Aufzählung sollte grammatisch einheitlich sein. Das heißt, alle Punkte beginnen mit der gleichen Wortart. Entweder mit Artikel, oder Verb, oder Adjektiv oder mit Substantiv. Das Verb ist die aktivste Wortart. Es fordert auf. Aufzählung bedeutet kurze Sätze oder Halbsätze, aber nicht gemischt. Im besten Fall einzeilig. Nie mehrere Sätze oder dreizeilig.

Erst das Bild dann die Bildunterschrift

Benutzt Du Bilder schreibe unter jedes Bild eine Bildunterschrift (BU). Sieht sich Dein Leser das Bild an, liest er was darunter steht. Die BU ist die Textsorte, die wir neben der Headline am häufigsten lesen. Am Schönsten ist die Geschichte hinter dem Bild.

Bildunterschriften erklären, ordnen ein und sind Teaser für den Text. Sie gehen über das bloße Beschreiben und Nacherzählen dessen, was sowieso zu sehen ist, hinaus. Sie liefern Hintergründe, Details und Zusammenhänge zum Bild und steigern die Neugierde auf den Fließtext.

Die Grafikdesigner Neville Brody und David Carson haben vorgemacht, dass lange Bildunterschriften Spaß machen können. Hinter jeder BU kann sich ein Roman verbergen.