Werbetext braucht Textstruktur und Abwechslung

15. Februar 2020

Text wird selektiv wahrgenommen

Wie viel Text wir lesen, hängt von unserer selektiven Wahrnehmung ab. Manchmal liest man nur eine Headline. Ein anderes Mal eine ganze Katalogseite, dann wieder liest man in der Tageszeitung nur das Angebot des Supermarktes unten rechts. Wir lesen ein kurzes Intro und im Brief die PS-Zeile. Hast Du schon einmal eine Broschüre für das neue Auto oder eine Bedienungsanleitung für die Software von vorn bis hinten gelesen? Du liest im TV und im Internet. Lies, was Du willst. Tatsache ist, irgendwann liest Du, aber jedes Mal andere Textteile – abhängig vom eigenen Interesse und dem Layout.

Layout und Textwahrnehmung. Was bedeutet 1., 2. oder 3. Ordnung?

Zur Veranschaulichung: Welche Textteile werden als erstes, zweites und drittes wahrgenommen und welche Funktionen haben diese? Welche Beziehungen bestehen zwischen den Textteilen und werden diese eingehalten? Schule Deinen Blick für die Textteile im Layout und für deren Struktur. In welcher Reihenfolge werden sie wahrgenommen und welche Funktion haben sie für die bessere Lesbarkeit des ganzen Textes? Das Prinzip 1., 2. oder 3. Ordnung sagt Dir in welcher Reihenfolge und hierarchischen Ordnung Textteile wahrgenommen werden. Was sollte man darüber wissen?

Wahrnehmung des Werbetextes. Zuerst die Headline

Von allen Textsorten wird die Headline als erstes gelesen.

Die Sub-Headline im Werbetext

Nach der Headline lesen wir die Sub-Headline. Die Sub-Headline steht optisch unter der Headline. In den besten Fällen funktioniert sie wie die Auflösung der Überschrift: „Vorteil Graf. Andre Agassi geht vom Platz.“ Weiter in der Sub-Headline: „Warum der Tennisstar für seine Familie die Karriere aufgibt.“ Headline: „NEID-RIDER.“ Sub-Headline: „Mehr Stil, mehr Extras, mehr Wow.“

Die ideale Konstruktion von Headline und Sub-Headline folgt dem dramaturgischen Prinzip: Auslösendes Ereignis in der Headline und Auflösung in der Sub-Headline. Das auslösende Ereignis zieht die Aufmerksamkeit des Lesers auf sich. Die Sub-Headline vertieft und erklärt. Headline: „Wie schafft ein britischer Zauberlehrling neue Jobs in Ostwestfalen.“ Sub-Headline: „Entdecke die Zusammenhänge der Wirtschaft. Internetadresse.“ Ein Automobilhersteller schreibt in der Headline: „Adrnlin“ und in der Sub-Headline: „Verdichtete Intensität.“ Schauen wir nicht zuerst auf das Bild?

Die Bildunterschrift, BU

Blickst Du zuerst auf das Bild, liest Du was darunter steht. Die Bildunterschrift wird nach der Headline am liebsten gelesen. Die Grafiker Neville Brody und David Carson haben vorgemacht, dass lange BU´s Spaß machen. In die Bildunterschrift kann man sogar Romane schreiben. Die Bildunterschriften sind Teaser für den Text. Sie gehen über das bloße Beschreiben und Nacherzählen dessen, was sowieso zu sehen ist, hinaus. Sie liefern Hintergründe zum Bild und steigern die Neugierde auf den eigentlichen Text. Wenn ich einen großen Textblock sehe, fange ich das Lesen erst gar nicht an.

Zwischenüberschriften im Werbetext

Viele Zwischenüberschriften strukturieren lange Textblöcke. Sie sortieren die Gedanken des Lesers und der Texter*innen gleichermaßen. Jede Zwischenüberschrift ist ein Einstieg in den Text und ein neues Argument fürs Weiterlesen. Der schnelle Leser überfliegt die Zwischenüberschriften und entscheidet dann, ob er an dieser Stelle einsteigt.

Das Intro – Lead in

Bei längeren Texten ist das Intro oder der Lead die Zusammenfassung für den Text der folgt. Der Leser erfährt kurz und knapp was ihm der Text bietet. Die Intro-Struktur für Langtexte ist bei Werbung und PR gleich. Die W-Fragen bringen es auf den Punkt: wer, was, wann, wo, wie viel, wie, warum? Beantworte jede Frage mit einem Satz oder Halbsatz und Du hast den Inhalt kurz und prägnant zusammengefasst. Manchmal will man gar nicht alles erzählen.

Der Teaser-Text

Im Internet ist der Teaser, die häufigste Textsorte. Er macht neugierig auf die Textteile, die folgen. Er lässt Textteile offen und fokussiert meist nur auf einen inhaltlichen Aspekt, dessen Wichtigkeit er hervorhebt. Er reißt Themen an, macht neugierig und will den nächsten Klick. Den letzten Satz schreibst Du wie einen Cliffhanger:

  • eine offene Frage
  • ein besonderer Ausblick
  • ein unerwarteter Hintergrund
  • ein interessanter Vergleich
  • ein Versprechen und Nutzen
  • ein Konflikt
  • eine offene Geschichte

Die Werbetext Basisstruktur

Nach Headline, Sub.Headline und Bildunterschrift erfolgt der Einstieg in den eigentlichen Fließtext: Copy.

Der erste Absatz muss Spannung erzeugen und dem Leser einen Gewinn (Spannung, Überraschung, Information, Neuigkeit) versprechen. Der erste Satz bezieht sich immer auf die Headline. Er nimmt sie auf und führt in den ersten Absatz ein. Der erste Absatz des Fließtextes ist kürzer als der zweite. Das Absatzende sollte wie ein Cliffhanger geschrieben sein und neugierig auf den nächsten Absatz machen. Und wie strukturierst Du den Mittelteil?

Im Mittelteil erfolgt die Reihung der Argumente

Die Argumente sind als ansteigende Reihe/Klimax, oder als dramatisierende Reihe geordnet und sortiert. Klimax meint, vom weniger Wichtigen zum Wichtigen. Dramatisierende Reihe bedeutet, mit dem stärksten Argument einsteigen, dann leicht abfallen und mit einem starken Argument enden. Kommen wir zum Happy End.

Happy End

Das Ende des Fließtextes nimmt immer Bezug auf den Anfang, auf die Headline oder auf die Textidee. Der letzte Absatz ist kürzer als der vorletzte. Der Werbetext sollte mit einer Aufforderung, Call-to-Action, enden. Manchmal kann dies auch der Slogan/Claim übernehmen.

Slogan / Claim

Slogan und Claim stehen meist beim Logo. Das steht rechts oben oder unten rechts. Je nach Blickverlauf und hängt von der Gewichtung, dem Spannungsverhältnis und dem Kontrast im Layout ab. Claim und/oder Slogan schließen den Fließtext ab.

Ein kurzes Beispiel für den Uhrenhersteller IWC. Headline: „Für Männer, die ihre Kronjuwelen am Handgelenk tragen.“ Copy: „Warum Männer mit Stil keinen Schmuck tragen? Weil ein Zeitmesser wie dieser, Schmuck genug ist. Das elegante Gehäuse enthält ein Taschenuhrwerk mit Pellaton-Aufzug und einer Gangreserve für 7 Tage. Und damit man sich an der inneren Schönheit auch erfreuen kann, besteht der Boden aus Saphirglas. So außergewöhnlichen Schmuck könnte man doch fast an beiden Handgelenken tragen, oder?“ Der Fließtext startet mit einer Frage. Fragen ziehen den Leser in den Text. Die Antwort und Auflösung der Headline folgt sogleich. Der Mittelteil reiht drei Argumente, in ihrer Wichtigkeit aufsteigend hintereinander. Das Ende wird auf den Anfang zurückgeführt und enthält eine Aufforderung in Frageform.

Viel Spaß beim Texten mit mehr Struktur und Abwechslung im Werbetext.